Ein Erbschein ist juristisch gesehen ein sogenanntes Legitimationspapier, aus dem hervorgeht, wer als Erbe nach einem Verstorbenen im Rechtsverkehr angesehen werden kann. Dem Erbschein wohnt somit, wie beispielsweise dem Grundbuch, ein sogenannter öffentlicher Glaube inne, d.h. dass Dritte davon ausgehen dürfen, dass diejenige Person, welche im Erbschein als Erbe ausgewiesen ist, auch tatsächlich der Erbe ist. Sie dürfen somit auf den Inhalt des Erbscheins entsprechend vertrauen. Der öffentliche Glaube greift allerdings dann nicht, wenn dem anderen bekannt ist, dass die im Erbschein ausgewiesene Person nicht Erbe ist oder Kenntnis darüber besteht, dass das Nachlassgericht die Rückgabe des Erbscheins wegen Unrichtigkeit verlangt hat.
Die rechtliche Feststellung, dass die im Erbschein ausgewiesene Person tatsächlich der Rechtsnachfolger des Verstorbenen ist, ist hingegen nicht Inhalt des Erbscheines. Dies kann nur durch eine Erbenfeststellungsklage rechtlich verbindlich festgestellt werden.
Taucht somit beispielsweise zu einem späteren Zeitpunkt ein weiteres Testament auf, welches die Erbfolge ändert, wird der Erbschein inhaltlich falsch und vom Nachlassgericht eingezogen.
Das Nachlassgericht ist entsprechend das zuständige Gericht, bei dem der Antrag auf Erteilung des Erbscheines zu stellen ist. Ein Erbschein wird auch nur auf Antrag erteilt, d.h. dass das Nachlassgericht dieses Legitimationspapier nicht von sich aus ausstellt. Örtlich ist dasjenige Nachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls, d.h. seines Todes, seinen Wohnsitz hatte.
Benötigt wird ein Erbschein in aller Regel zur Umschreibung eines Grundstückes auf den Erben oder gegenüber Banken, bei denen der Verstorbene Konten oder andere Anlagen unterhalten hat. Die Erben haben sich entsprechend zu legitimieren. Dies kann entweder durch eine beglaubigte Abschrift eines notariellen Testaments nebst Eröffnungsprotokolls erfolgen, oder, wenn lediglich ein handschriftliches Testament oder gar keines vorhanden ist, durch einen Erbschein. Erst wenn eines von beiden vorgelegt wird, können die Erben in der Regel über die Konten bei den Banken verfügen sowie eine Umschreibung des Immobilienvermögens beim Grundbuchamt erwirken.
Früher hatten die Banken, trotz Vorlage eines notariellen Testaments nebst Eröffnungsprotokolls dennoch einen Erbschein zur Legitimation gefordert. Diese Regelung, welche die Banken in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegt hatten, wurde jedoch seitens des Bundesgerichtshofes als unzulässig verworfen. Banken können somit bei Vorlage eines notariellen Testaments nicht noch zusätzlich einen Erbschein fordern.
Entbehrlich kann die Beantragung eines Erbscheines allerdings, insbesondere hinsichtlich vorhandener Konten, dann sein, wenn eine Vollmacht des Erblassers über den Tod hinaus besteht und diese bislang nicht widerrufen wurde.
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